Auswirkungen falsch entsorgter Problemstoffe auf Mensch und Umwelt

pollution-1603644_1920Es gibt Orte in Deutschland, wo man es mit der Abfallentsorgung ganz genau nimmt. Dazu gehört zum Beispiel auch das französische Viertel in Tübingen, in dem vor allem Studenten leben. In den Studentenwohnheimen in diesem Viertel gibt es Abfallbehältnisse für den Verpackungsmüll, den Restmüll, den Biomüll, für Karton und Papier und für Glasmüll. Und die sogenannten Problemstoffe werden gar vom Umwelttutor abgeholt. Umwelttutor? Ja, ihr habt richtig gehört, Umwelttutor! Manche von euch denken vielleicht jetzt, dass das doch ein bisschen zu weit geht im französischen Viertel, dass das einfach ein Öko-Viertel ist und der Restmüll es schließlich für diese seltsamen Problemstoffe auch tut. Aber halt! Reicht der Restmüll für die Problemstoffe wirklich oder hat der Umwelttutor mit seinen Bedenken diesbezüglich Recht? Aber wo sollen die Problemstoffe hin? Was für Konsequenzen hat möglicherweise die falsche Entsorgung von Problemstoffen und was sind überhaupt Problemstoffe?

Was sind eigentlich Problemstoffe?

Problemstoffe sind Abfälle, die aufgrund giftiger Inhaltsstoffe nicht zusammen mit dem Hausmüll entsorgt werden können. Sie enthalten zahlreiche Stoffe, die Umwelt und Gesundheit gefährden, wie zum Beispiel Schwermetalle oder Lösungsmittel. Zu den Problemstoffen gehören unter anderem

  • Lacke, wenn sie noch nicht ausgehärtet sind
  • Akkus
  • Batterien aller Art
  • Chemikalien aus Fotolabors und Experimentierkästen
  • Leuchtstoffröhren
  • Energiesparlampen
  • Spraydosen mit Restinhalt
  • Imprägniermittel
  • Benzin
  • Aceton
  • Farbverdünner,
  • Frostschutzmittel
  • Holzschutzmittel
  • Pflanzenschutzmittel
  • Schmierfette
  • Technische Fette
  • Kleber
  • Säuren
  • Laugen
  • Thermometer mit Quecksilber
  • Ölfilter
  • Verölte Putzlappen
  • Gifte
  • Arzneimittel

Die Liste ist lang und es fällt auf, dass wir mit zahlreichen Problemstoffen auch als Privatmenschen häufiger in Berührung kommen, wie etwa Akkus, Batterien, Energiesparlampen, Spraydosen, Kleber, Thermometer, Arzneimittel und einige mehr. Wie viele dieser Problemstoffe falsch entsorgt werden, weiß keiner so genau, denn es gibt darüber keine statistischen Erhebungen. Nicht umsonst kursieren aber immer wieder Berichte und Dokumentationen von glaubwürdigen Quellen, die auf die Gefahren von Problemstoffen für die Umwelt hinweisen. Daher muss sich die Frage stellen: Wie wichtig ist Mülltrennung wirklich und was passiert mit der Umwelt, wenn Problemstoffe achtlos entsorgt werden?

Problemstoffe im Alltag…

bottle-2349126_1280Im Alltag hantieren wir des Öfteren mit Problemstoffen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Das fängt schon mit so profanen Dingen wie Wasch- und Reinigungsmitteln an. Diese kommen in so ziemlich jedem Haushalt vor. Tatsächlich werden jährlich sogar 1,3 Millionen Tonnen Wasch- und Reinigungsmittel an den privaten Endverbraucher verkauft. Was sich allerdings die wenigsten klar machen: Jedes Waschmittel kann Chemikalien enthalten, die biologisch nur schwer und oft auch nur unvollständig abgebaut werden können. Bei Menschen können sie zu Hautreizungen, Verätzungen sowie zu Schädigungen der Atemwege führen.

Zu den problematischen Stoffen gehören zum Beispiel allergene Duft- und Konservierungsstoffe oder Säuren. Gelangen solche Waschmittel einmal in die Umwelt, zum Beispiel in Gewässer, können sie den dort lebenden Organismen schaden. Damit es so weit gar nicht erst kommt, sollten Verbraucher schon beim Einkauf zu Produkten greifen, die über die gesetzlichen Anforderungen hinaus die Gewässer geringer belasten und gesundheitsverträglicher sind. Zu erkennen sind solche Produkte an der sogenannten Umweltblume, dem europäischen Umweltzeichen.

Werden die Waschmittel zuhause noch richtig aufbewahrt und angewendet, werden Mensch und Umwelt weniger gefährdet und wir sparen auch noch Energie, Wasser, Chemikalien und Geld. Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, kann WC, Bad und Küche auch mit milden Allzweckreinigern, Schmierseife oder Essig reinigen anstatt zu antibakteriellen Reinigungsmitteln zu greifen.

Etwas weniger häufig verwendet, aber bei Heimwerkern und Profis dennoch beliebt ist der Montageschaum oder auch Polyurethan- bzw. PUR-Schaum. Er wird zum Dämmen und Abdichten von Fugen sowie beim Einbau von Fenstern und Türen eingesetzt. Satte 25 Millionen Dosen werden davon jährlich in Deutschland verarbeitet. Im ausgehärteten Zustand verhält sich der PUR-Schaum umweltneutral und stellt somit keine Gefahr für Mensch oder Umwelt dar. Bei entleerten Montageschaum-Dosen sieht es da schon ganz anders aus. Die in flüssiger Form enthaltenen Isocyanate können Allergien und Atembeschwerden auslösen und stehen im Verdacht Krebs zu verursachen. Aus diesem Grund sollten die Dosen auch auf gar keinen Fall über den normalen Hausmüll entsorgt werden. Stattdessen sollten sich Hobby-Heimwerker an die örtliche Schadstoffannahmestelle wenden.

Dort sollten geschulte Mitarbeiter arbeiten, die über Lagerung, Getrennthaltungspflicht und die anschließende Entsorgung Bescheid wissen. Die Öffnungszeiten dieser Annahmestellen sollten es Berufstätigen außerdem erleichtern, ihre Schadstoffe dort ebenfalls abgeben zu können. Leider sieht die Realität anders aus: Die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat in einer Untersuchung Ende 2016 offen gelegt, dass in 32 der untersuchten Kommunen den Verbrauchern keine festen oder regelmäßig geöffneten Sammelstellen zur Rückgabe schadstoffhaltiger Abfälle zur Verfügung stand.

Untersucht wurden die Rückgabemöglichkeiten schadstoffhaltiger Abfälle in insgesamt 109 Landkreisen und kreisfreien Städten unter anderem in den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen. Auch die Bürgerfreundlichkeit war bei mehr als 70 Prozent der Annahmestellen mangelhaft. In manchen Landkreisen und Städten fehlten Annahmestellen komplett oder sie hatten nur an wenigen Tagen im Jahr auf. Insgesamt werden die Bürger zudem nicht ausreichend darüber informiert, was Schadstoffe sind und wie sie entsorgt werden müssen. Immerhin 21 Prozent der untersuchten Annahmestellen haben eine sehr gute Bewertung der Bürgerfreundlichkeit erhalten. Wer im Zweifel über die korrekte Entsorgung von Problemstoffen ist, kann sich im Netz informieren oder bei der örtlichen Annahmestelle nachfragen. Auch speziell ausgerichtete Firmen wie das Entsorgungsunternehmen in München geben hier gerne Auskunft.

Ein nach wie vor großes Problem sind auch Arzneimittel. 38.000 Tonnen werden allein in Deutschland jedes Jahr verschrieben, Tendenz steigend. Zum einen geraten Abbauprodukte von Medikamenten durch die Ausscheidungen von Menschen mit dem Abwasser über die Kläranlagen in Böden und Gewässer. Zum anderen gelangen Medikamentenrückstände durch unsachgemäße Entsorgung in den Wasserkreislauf. Laut einer Studie von 2008 kippt jeder siebte Bürger seine ungenutzten Tabletten zumindest gelegentlich in die Toilette, fast jeder zweite tut dies mit flüssigen Medikamenten. Das Problematische daran ist, dass manche Stoffe nur schwer biologisch abgebaut werden können und bereits in geringen Konzentrationen Risiken für die Umwelt darstellen. Spuren verschiedener Präparate können bereits heute in nahezu allen Gewässern nachgewiesen werden. Das hat sich zu einem globalen Problem mit gravierenden Folgen entwickelt: Männliche Fische verweiblichen durch die Hormone in manchen Medikamenten. Laut einer Studie schwedischer Forscher verändern Barsche unter dem Einfluss von Psychopharmaka-Spuren sogar ihr Verhalten: Die sonst eher scheuen und vorsichtigen Tiere werden mutiger, verlassen ihr Versteck und zeigen auch ein abnormes Sozialverhalten.

Natürlich lässt sich nie ganz vermeiden, dass Rückstände von Medikamenten über Umwege in die Gewässer und Böden gelangen. Aber es liegt in unserer Verantwortung, den Anteil von Medikamenten im Gewässer möglichst gering zu halten. Daher sollten Altmedikamente auch auf keinen Fall einfach in den Ausguss oder die Toilette gegeben werden. Stattdessen können eventuelle Entsorgungshinweise im Beipackzettel nachgelesen werden. Im Zweifelsfalle können die Medikamente über den Restmüll entsorgt werden. Dieser wird meistens verbrannt. Allerdings ist auch hier Vorsicht geboten: Manche Krebsmedikamente etwa gehören nicht in den Restmüll. Auch hier macht es Sinn, sich bei Fragen über die richtige Entsorgung beim Apotheker oder in einer Schadstoff-Sammelstelle zu erkunden. Apotheken sind zwar nicht verpflichtet, Alt-Medikamente für die sachgemäße Entsorgung zurück zu nehmen, doch manche Apotheken tun dies trotzdem aus Kulanz. So oder so erhält man dort vielleicht zumindest eine Auskunft, wie Reste von Medikamenten richtig entsorgt werden. Zu Recht fordert die Deutsche Umwelthilfe allerdings schon lange ein einheitliches Entsorgungssystem für Altmedikamente. Dies würde auch vor allem den Verbrauchern entgegen kommen, die oftmals schlicht nicht wissen, wohin mit ihren alten Medikamenten und diese dann aus Unwissenheit falsch entsorgen.

Richtige Entsorgung für Umwelt und Mensch

Die Liste von Problemstoffen und die Auswirkungen der falschen Entsorgung derselbigen ließe sich endlos fortsetzen. Grundsätzlich sollte man bei Unsicherheiten einfach auf die Verpackungshinweise des jeweiligen Produkts achten oder bei der örtlichen Schadstoff-Sammelstelle nachfragen. Wichtig ist nur, dass Verbraucher ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass falsch entsorgte Problemstoffe erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt und damit letztlich auch auf den Menschen selbst haben werden. Bei Altmedikamenten etwa weiß man schon seit langem, dass sie Auswirkungen auf die Hormone und das Verhalten von manchen Fischen haben können. Die Auswirkungen auf den Menschen sind bislang noch nicht erforscht, aber dennoch sind wir Teil der Umwelt. Wir sind abhängig von möglichst sauberem Trinkwasser und wir essen auch Fisch. Die richtige Entsorgung von Müll, insbesondere von Problemstoffen, sollte uns schon allein deshalb am Herzen liegen.

Letztlich kann auch vermeintlich harmloser Abfall sich bei falscher Entsorgung zu einem Problem entwickeln. Heruntergespülte Abfälle wie Katzenstreu und Feuchttücher können durch Verstopfungen die gesamte Kanalisation schädigen, während weggespülte Lebensmittel zum Hygiene-Problem werden können, da sich dadurch Ratten in der Kanalisation vermehren. Mehr Achtsamkeit würde hier schon viel helfen, ebenso wie der Wille, sich über die richtige Entsorgung von Problemstoffen zu informieren. Hier stehen auch die Kommunen in der Pflicht, zu informieren und mehr Annahmestellen für Schadstoffe zur Verfügung zu stellen. Auch Unternehmen können zum Umweltschutz beitragen. Einige tun dies schon, indem sie Schadstoffe bzw. Problemstoffe freiwillig zurücknehmen und fachgerecht entsorgen. Pharma-Konzerne können und sollten nachziehen, indem sie ebenfalls Altmedikamente zurücknehmen und fachgerecht entsorgen. Vieles hat sich schon getan. Aber jeder Einzelne hat es in der Hand, auch selber etwas zu tun.

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