Was sind eigentlich Ökos?

Wer alt genug ist, erinnert sich mit Sicherheit an einen Prototyp der 1990er: Die „Ökos“, eine Menschengruppe in Norweger Pullovern und Birkenstockschuhen, die für ökologischen Konsum, Umweltschutz, aber auch für den Verzicht plädierten. Die Ökos von damals gibt es heute in dieser Form nicht mehr.

Die zweite große Umweltbewegung – die Ökos werden geboren

Umweltbewegungen gibt es bereits sehr lange, schon um das Jahr 1800 herum formierten sich Menschen, die sich um den Schutz von Natur und Umwelt sorgten. In den 1970er bis 1990er Jahren kam die sogenannte zweite große Umweltbewegung auf, deren Mitstreiter schnell diverse Spitznamen weg hatten: Darunter weniger schmeichelhaft, wie zum Beispiel „Müslifresser“ oder etwas neutralere wie die Bezeichnung „Ökos“. Den Anhängern der Umweltbewegung ging es zum einen um gelebten Umweltschutz, zum anderen aber auch um veränderte Werte im Denken, Handeln und Leben. In der Regel waren die Ökos damals auch politisch motiviert. Die Öko-Bewegung war größtenteils links, nicht selten sogar links-radikal und in der Regel schon durch die äußere Erscheinung zu erkennen. Neben dem fast schon klischeehaften Norwegerpullover waren Kleidungsstil und Outfit durch Batikmuster, lange offene Haare und ein oft unkonventionelles Erscheinungsbild geprägt. Aus dieser Gruppe entstanden in den 1980er Jahren die Grünen, die im Jahr 1983 als bunte und lärmende Truppe in den Bundestag einzog und den Leitgedanken der Nachhaltigkeit in das politische Bewusstsein rückten. Neben den umweltorientierten Ökos trugen auch Menschen aus der Anti-Atomkraft-, der Friedens- und der Frauenbewegung zur Entstehung der Partei bei.

Das Lifestyle- und Kaufverhalten der Ökos – damals und heute

Während die Ur-Ökos häufig so möglich wie wenig konsumierten und mehr auf Selbstversorgung setzen, hat sich das Kaufverhalten in vielen Bereichen verändert. Der Konsumverzicht, der im Bewusstsein der Umweltbewegung der 90er Jahre noch fest verankert war, spielt heute kaum eine Rolle mehr. Zu sehr sind auch die Ökos vom Lifestyle infiziert, der Wunsch, Dinge zu besitzen und es vor allem auch möglichst bequem zu haben, ist fest verankert. „Bio na klar!“ aber bitte mit Convenience ist das neue Schlagwort, dass das Konsumverhalten bestimmt. Auch die Lebensgewohnheiten der alten und neuen Ökos unterscheiden sich grundlegend. Die Ur-Ökos wohnten in Wohngemeinschaften und man teilte sich ein Auto, das sparte natürlich Geld, aber auch Energie und Ressourcen; gekocht wurde gemeinsam, gegessen wurde, was die Saison oder der eigene Gemüsegarten hergab.

Der Neo-Öko von heute greift im Bio-Supermarkt ohne Bedenken auch zu industriell stark verarbeiteten Lebensmitteln, denn er steht voll im Job und hat dementsprechend wenig Zeit zur Nahrungszubereitung. Das kann zum Problem für zwei wesentliche Aspekte der ökologischen Nachhaltigkeit werden: Denn regionale und saisonale Produkte, die vor allem in der Kombination einen hohen Stellenwert im nachhaltigen Konsum haben, könnten mehr und mehr zu Gunsten von „Convenience Food“ vom Markt verdrängt werden.

Vom Basic zum Lifestsyle Öko

Heute ist die Gruppe der Ökos fast ausgestorben, bzw. zu einer gesellschaftlichen Randerscheinung geworden. Es gibt sie durchaus noch, sie spielen in unserem profitorientiertem Wirtschaftssystem jedoch kaum mehr eine Rolle, umso mehr, da sie weder kaufkräftige Kunden noch starke politische Kraft bilden. Anders dagegen sieht es mit den Neo- oder Lifestyle Ökos aus, die auch als LOHAS , das bedeutet „Lifestyle of Health and Sustainability“ bezeichnet werden. Aus den einstigen Umwelt-Aktivisten sind finanzstarke Konsumenten geworden, Tendenz steigend. Nachhaltiger Konsum steht an erster Stelle, wenn es um Lebensmittel, Kleidung, aber auch um Energie geht. Der LOHAS von heute konsumiert bewusst und es macht ihm nichts aus, etwas mehr Geld für die Waren und Dienstleistungen auszugeben. Am ehesten könnte man die jüngst entstandene Gruppe der sogenannten LOVOS mit den Ökos der 1990er vergleichen. Das sind Personen, die einen „Lifestyle of Voluntary Simplicity“, also einen einfachen, von Konsumverzicht geprägten Lebensstil führen. Folgt man den Ausführungen der Autorin Kathrin Hartmann in ihrem Buch Ende der Märchenstunde, ist dieser Lifestyle der einzige, der für die Welt das Ruder herumreißen könnte, denn es bringt uns nicht weiter, nur den ökologischen Aspekt der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen, Ökonomie und Soziales aber außen vor zu lassen.