Sandtigerhaie

Sandtigerhaie – mehr Schein als sein

Kaum eine andere Haiart entspricht den Vorstellungen und Vorurteilen von einem Hai so sehr wie der Sandtigerhai. Der riesige spindelförmige Körper, die erstaunlich kleinen Augen und die langen, immer sichtbaren Zähne machen den Sandtigerhai zu einer imposanten und Furcht einflößenden Erscheinung. Doch so gefährlich der Sandtiger auch ausschaut, eigentlich ist er völlig harmlos und Menschen sind nicht sein Ziel. Ganz im Gegenteil, mit den Tieren kann man schwimmen, auch wenn sie bei einer Annäherung durch den Menschen erst einmal ausweichen, um wenige Meter weiter wieder zu verharren. Wirklich scheu sind Sandtigerhaie nicht. Doch genau das ist auch das Verhängnis der Raubfische.

Dem Sandtigerhai auf dem Leib geschaut

Sandtigerhaie sehen dem Tigerhai zum Verwechseln ähnlich. Das macht es schwer, die Tiere wirklich exakt zu bestimmen.

  • Der Sandtigerhai gehört zur Ordnung der Makrelenhaiartigen und zur Familie der Sandhaie.
  • Sein lateinischer Name lautet Carcharias taurus.
  • Weibchen erreichen eine Größe von circa 3,2 Metern. Die Männchen bleiben mit 2,6 Metern kleiner.
  • Die Schnauze ist zugespitzt und abgeflacht.
  • Der Körper ist kräftig und lang gestreckt.
  • Die Augen sind im Verhältnis zum Körper sehr klein und verfügen über keine Nickhaut, welche die Augen schützen könnte.
  • Sandtiger haben lange, spitze Zähne. Diese sind auch bei geschlossenem Maul sichtbar.
  • Wie alle Haie haben auch Sandtiger ein Revolvergebiss, bei dem mehrere Zahnreihen hintereinanderliegen und in der hinteren Reihe immer wieder neue Zähne gebildet werden.
  • Die Oberseite der Raubfische ist in Farbe und Muster dem Meeresboden perfekt angepasst. Auf dem gelblichen Körper befinden sich gelbe bis dunkelrote Flecken.
  • Der Bauch ist meist hell bis Weiß.
  • Die Rückenflossen sind gleich groß.
  • Die Schwanzflosse verfügt über unterschiedlich lange Lappen, was den Sandtigerhai zu einem sehr schnellen Schwimmer macht.

Sandtigerhaie lieben die Küstengewässer

Die Raubfische lieben das flache Küstengewässer, die Buchten und Lagunen oder die flachen Wasserstellen bei Felsriffen und Korallenriffen in Gebieten, die der Küste etwas ferner sind. Zu finden sind die Tiere weltweit in den gemäßigten Regionen. In fast allen tropischen und subtropischen Gewässern sind Sandtigerhaie zu finden. Sie tauchen im Indischen Ozean, dem Pazifik und im Atlantik auf, sind vom Mittelmeer bis zum Golf von Mexiko zu finden. Aber auch in der Karibik, dem nördlichen Argentinien, dem südlichen Europa und in Richtung Südafrika sind die Raubfische zu sehen. Außerdem bewohnen sie den westlichen Teil des Pazifiks bis nach Südchina. Die Raubfische sind aber nicht nur an festen Plätzen zu finden. Sie unternehmen weite Wanderungen, kommen aber auch immer wieder zu einem Ort zurück.

Die großen Wanderungen der Sandtiger

In vielen Gebieten unternehmen die Haie jährlich Wanderungen. Vor allem zur Paarungszeit wurden schon große Wanderungen beobachten. So verlassen die Raubfische die südafrikanischen Gewässer im November, um sich etwa 300 Kilometer weiter nördlich, im Bereich von Cape Vidal, zu treffen und zu paaren. Die Weibchen schwimmen anschließend weiter nach Mosambik. Unklar ist, wohin es die Männchen verschlägt.

Doch nicht nur zur Zeit der Wanderungen treffen sich die Haie in Gruppen. Immer wieder finden sich Tiere zu einer Gemeinschaft zusammen, um gemeinsam zu jagen. Laut neusten Beobachtungen sollen die Tiere sogar ein ausgeprägtes Sozialverhalten zeigen und nicht selten gesellig miteinander ruhen. Haiverbände schweben oft im Eingang von Höllen.

Jäger der Nacht

Meist leben Sandtigerhaie allein, nur selten sind sie in kleinen Gruppen von bis zu 20 Tieren zu finden. Vor allem zur Nahrungssuche tun sich die Raubfische zusammen. Gejagt wird vor allem in der Nacht. In dieser Zeit liegt die hauptsächliche Aktivitätsphase der Tiere.

Sandtiger bevorzugen Fische, Weichtiere und Krebstiere. Vor allem Makrelen, Blaufische, Heringe, Seehechte, Lippfische und Kalmare stehen auf dem Speiseplan, der von Rochen, Krabben und Hummer ergänzt wird. Nur selten machen sie auch Jagd auf kleinere Haie. Jagen Sandtigerhaie in der Gruppe, arbeiten sie Flosse in Flosse. Ein großer Schwarm Beutefische wird umzingelt. Gemeinsam fallen die Haie in den Schwarm ein. Haitypisch geraten auch Sandtigerhaie in einen Fressrausch und ergreifen alles, was sich bewegt. Kleine Fische werden im Ganzen verschluckt, größere Beutetiere werden mit den messerscharfen Zähnen gerissen.

Sandtigerhaie – mit allen Sinnen

Haie können nicht nur riechen, sehen, tasten und schmecken, sie verfügen auch über ein weiteres Sinnesorgan, die Lorenzinischen Ampullen. Mit dem elektrischen Sinnesorgan können Beutetiere besser wahrgenommen werden. Das Sinnesorgan liegt tief unter der Haut. Über Kanäle und Poren ist es mit der Hautoberfläche verbunden. Kleinste Spannungsänderungen können so empfangen werden und feine biologische Felder werden registriert. Selbst Beutetiere, die sich tief im Meeresboden versteckt haben, können damit ausfindig gemacht werden.

Ein weiteres Sinnesorgan sind die Seitenlinienorgane. Mit denen vor allem die Bewegungen des Wassers aufgenommen werden. Das Organ reicht vom Kopf des Haies bis zum Ansatz des Schwanzes und liegt an den Seiten. Verarbeitet werden alle Informationen, die von Sinnesorganen kommen, im sehr komplexen Gehirn des Raubfisches.

Sandtigerhaie können Luft schlucken

Normalerweise müssen Haie immer in Bewegung bleiben, um nicht in tiefere Wasserschichten abzusinken und dort zu verenden. Viele Haiarten sind zu einer ständigen, gemächlichen Schwimmweise verurteilt, da sie über keine Schwimmblase verfügen. Sandtiger haben als einzige Haiart die Fähigkeit, Luft zu schlucken. Dazu steigen sie an die Wasseroberfläche und verschlucken dort Luft, die im Magen bis zur nächsten Mahlzeit gespeichert wird. So können sie in jeder Wassertiefe anschließend regungslos verharren.

Sandtigerhaie gebären lebend

Geschlechtsreif sind die Männchen mit einer Länge von etwa zwei Metern und einem Alter von fünf Jahren. Die Weibchen sind erst später geschlechtsreif. Sie benötigen bis zu sieben Jahren zur vollständigen Entwicklung. Dann haben sie eine Größe von 2,30 Meter erreicht.

Der Carcharias taurus hat relativ feste Paarungszeiten. Diese Zeit erstreckt sich vom November bis hin zum März. Die Raubfische gebären aber nur alle zwei Jahre. Obwohl viele befruchtete Eizellen eingelagert werden, kommen meist nur zwei Junge zur Welt. Am Anfang ernähren sich die Embryonen über den Dottersack, anschließend erhalten sie Nahrung über den Uterus. Im späteren Verlauf der Entwicklung kommt es aber bereits im Mutterleib zum Kannibalismus. Die am weitesten entwickelten Jungtiere fressen die unbefruchteten Eier und die Geschwister. In den zwei getrennten Uteruskammern entwickelt sich jeweils nur ein Jungtier bis zur Geburt. Sandtigerhaie haben dadurch schon als Jungtiere extrem große Überlebenschancen, denn bei der Geburt sind die Raubfische bereits einen Meter groß und haben nur noch wenige natürliche Feinde. Die Tragezeit beträgt bei Sandtigern acht bis zwölf Monate.

Die Größe schützt vor Feinden nicht

Aufgrund ihrer Größe haben Sandtigerhaie kaum Feinde. Trotzdem gibt es den einen oder anderen Raubfisch, der den Haien gefährlich werden kann. Natürliche Feinde sind der Weiße Hai, der Pottwal und der Schwertwal. Junge Haie können auch mal einem Riesenkraken zum Opfer fallen. Doch auch das kommt eher selten vor.

Der Carcharias taurus und der Mensch

Die Population der Sandtigerhaie hat stark abgenommen. In weiten Teilen seiner Verbreitungsgebiete ist der Bestand rar geworden. Sandtigerhaie gehören zu den bedrohten Haiarten, stehen auf den Roten Listen des IUCN und werden als gefährdet eingestuft. Vor allem seine Ähnlichkeit mit dem Tigerhai wird dem Sandtigerhai immer wieder zum Verhängnis. Da Tigerhai sehr angriffslustig sind und es dadurch auch immer wieder zu Unfällen kommt, wird dieser bejagt. Durch die Verwechslungsgefahr wird das Verhalten auch Sandtigern unterstellt. Es sind aber keine Angriffe auf Taucher oder Badende nachgewiesen. In den 70er Jahren wurde die Haiart stark gejagt. Deshalb wurde sie 1974 in vielen Gebieten gesetzlich geschützt.

Außerdem ist das Fleisch des Sandtigerhais in Japan begehrt. Hier werden die Haie gezielt gefangen, die Flossen für Haifischflossensuppe verwendet und der Lebertran zu Öl verarbeitet. Eine weitere Gefahr für die Raubfische besteht durch Schleppnetze, wo sie als Beifang verenden. Aber auch Sportfischer haben es auf die Haiart abgesehen, die sie mit Harpunen bejagen. In einigen gebieten sind sie fast vollständig verschwunden, an der Küste von Australien dezimierte sich der Bestand in den Jahren 1950 bis 1990 um 95 Prozent. In anderen Gebieten wird schon befürchtet, dass die Tiere bald aussterben.

Sandtiger in Gefangenschaft

Aufgrund seines Verhaltens und seiner Pflegeleichtigkeit wird der Sandtigerhai leider auch sehr gern in Aquarien gehalten. Für die Besucher bieten sie ein beeindruckendes Bild, denn der Hai weist eine staatliche Größe aus und bewegt sich gemächlich durch die Gewässer. Die Tiere können sich relativ schnell an die Lebensbedingungen gewöhnen und überdauern meist einige Jahre in Gefangenschaft. Trotzdem kommt es immer wieder zu Todesfällen, weil Transport und Gefangenschaft für die Tiere eine Strapaze sind.

Einmal mit Sandtigerhaien schwimmen

Sandtigerhaie werden eher als harmlos eingeschätzt. Die Raubfische sind nicht sehr scheu und machen es deshalb möglich, dass man mit ihnen schwimmt. Kommen Menschen den Tieren zu nah, schwimmen diese erst einmal weg, um wenige Meter weiter zu warten und den Menschen wieder nahekommen zu lassen. In vielen Gebieten ist es deshalb möglich, mit den Raubfischen zu tauchen. Allerdings sollte man das nur unter Anleitung tun, denn die Tiere sind groß und durchaus fähig, einen Menschen zu verletzten. Auch wenn dies eher unbewusst und versehentlich passiert. Aufgrund der Größe des Hais und seines gefährlichen Erscheinungsbildes ist es natürlich eine besondere Attraktion, mit dem Sandtigerhai zu schwimmen.

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