Vom Untergang der traditionellen Landwirtschaft
Schon vor Jahrzehnten setzte ein trauriger Trend ein: Es gibt immer weniger Landwirte. Zählte man 1975 noch rund 904.700 landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland, so waren es 2014 nur noch etwa 286.800. Dies hängt nicht etwa damit zusammen, dass die Nachfrage nicht vorhanden wäre – essen muss der Mensch schließlich immer. Vielmehr verantwortlich dafür ist ein extremer Strukturwandel in der Landwirtschaft.
Weg von der Landwirtschaft, hin zur Industrie
Dieser Strukturwandel hat seine Ursachen in verschiedensten Bereichen:
- Preise: Die Preise werden nicht mehr durch den heimischen Markt sowie Angebot und Nachfrage geregelt. Die heimischen Bauern müssen sich mit Billigproduzenten aus aller Herren Länder messen.
- Stundenlöhne: Dass andere Länder diese billigen Preise für landwirtschaftlich produzierte Lebensmittel bieten können, hängt mit den Stundenlöhnen zusammen. Unsere Bauern, die ihren Mitarbeitern wenigstens den Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde zahlen müssen, konkurrieren mit Ländern, in denen Arbeiterlöhne von 1 Euro pro Tag (!) eher die Regel denn die Ausnahme sind.
- Rentabilität: Die landwirtschaftlichen Betriebe müssen immer rentabler werden – und dies lässt sich in erster Linie durch eine starke Mechanisierung und Automatisierung erreichen. Die damit verbundenen Investitionen können kleine Bauern nicht stemmen.
- Betriebsgrößen: Die Betriebsgrößen wachsen immer mehr an. Während früher ein Bauernhof nur zehn Menschen ernähren musste, sind es heute eher tausend. Statt des kleinen Allrounder-Hofs, der neben Milch auch Fleisch, Gemüse und andere Erzeugnisse anbietet, sind heute spezialisierte Großbetriebe gefragt, in denen zehntausende Schweine pro Jahr durchgeschleust werden.
- Wegwerfgesellschaft: Die heutige Gesellschaft fordert in erster Linie möglichst billige Preise ein – und das gilt auch für Lebensmittel. Kostet ein Bio-Suppenhähnchen 13 Euro je Stück, so gibt es das Billighähnchen aus der Tiefkühlbox im Discounter schon ab 1,49 Euro. Dank konsequenter Mangelinformation greift der Sparfuchs zu. Lebensmittel haben in den Augen vieler Bürger nur noch einen geringen Stellenwert, deshalb sollen sie auch so wenig wie möglich kosten.
- Rechtlicher Rahmen: Der Gesetzgeber schränkt die Möglichkeiten kleiner Landwirte zunehmend ein. Immer wieder gibt es neue Regelungen, die deren Existenz bedrohen, da sie mit hohen Investitionen in neuartige Ställe und Einrichtungen verbunden sind.
Nische Direktvertrieb ab Hof: Letzte Chance?
Doch auch wenn immer mehr Bauern angesichts der schwierigen Umstände das Handtuch werfen, gehen einige zurück zu ihren Wurzeln – und haben damit Erfolg. Gemeint ist das Konzept der Direktvermarktung, das sich von Supermärkten und Discountern abwendet und stattdessen seine Waren direkt an den Kunden bringt. Da werden Eier von den eigenen, freilaufenden Hühnern schachtelweise direkt ab Hof verkauft und Hofläden eingerichtet. Kleine Betriebe halten weiterhin ihre acht bis zehn Rinder und 20 Hühner und bieten das Fleisch in Zusammenarbeit mit einem Schlachter ebenfalls direkt ab Hof an.
Immer mehr Verbraucher erkennen den Wert dieser Entwicklung: Sie können die Region unterstützen und lassen das Geld in ihrer Heimat, statt es großen Konzernen aus den Metropolen oder gar dem Ausland zu geben, die die Bauern nur ausbeuten. Auch für den Landwirt hat diese Entwicklung erfreuliche Vorteile: Die Gewinnspannen steigen wieder, da die Margen der zwischengeschalteten Vertriebspartner entfallen. Die Abhängigkeit von großen Abnehmern sinkt. Und sie können sich wieder mehr auf das besinnen, was sie schon früher getan haben – mit Herzblut Lebensmittel erzeugen, um Menschen zu versorgen.
Wie kleine Bauern überleben können
Glücklicherweise gibt es durchaus Strategien, wie sich findige Bauern ihr Überleben sichern können. Zum einen betrifft dies die eigenen Ansprüche: Auch wenn ein gewisses Wetteifern bezüglich der eingesetzten Technik in der Branche kaum zu leugnen ist, muss es nicht unbedingt der neue, prestigeträchtige Traktor sein, der bezüglich seiner Leistung für einen kleinen Betrieb völlig übertrieben ist. Stattdessen reicht oftmals ein guter Gebrauchter. Wer eine breit aufgestellte Landmaschinenwerkstatt in der Nähe hat, die ihn mit Ersatzteilen für MB Trac, John Deere & Co. versorgen kann, und seinen Traktor gut pflegt, kann ihn viele Jahre lang gewinnbringend einsetzen, ohne 100.000 Euro in ein neues Modell investieren zu müssen. Weitere Strategien für das Überleben kleiner Bauern sind beispielsweise:
- Statt der Luxusausführung lassen sich Ställe auch relativ einfach und kostengünstig realisieren.
- Auch für Bauern gibt es Steuersparmöglichkeiten, die sie nutzen können.
- Für die Landwirtschaft gibt es Subventionen, die es geschickt zu nutzen gilt.
- Es sollten beim Einkommen nicht nur die nackten Zahlen betrachtet werden, sondern auch die weitgehende Selbstversorgung mit Lebensmitteln oder der Gegenwert des Gehöfts und der Grundstücke berücksichtigt werden.
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